24.1.2021

Was Marxismus & Tierbefreiung miteinander zu tun haben - Vortrag und Q&A

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Die Ausbeutung der Tiere in den Fleischfabriken und Mastanlagen ist ein Problem bürgerlicher Gesellschaften, das die Menschen bewegt. In Umfragen sprechen sich regelmäßig solide Mehrheiten für mehr Tierschutz aus. Nicht nur, aber insbesondere der politisch engagierte Teil der jüngeren Generation beklagt zu Recht den Anteil der Tierindustrie am kapitalogenen Klimawandel. Die Gefahren, die von der internationalen Fleischproduktion für die Gesundheit ausgehen, sind nicht erst seit Corona hinlänglich bekannt. Auch die Zahl der vegan und vegetarisch lebenden Menschen steigt. Gleichzeitig versucht ein Teil der herrschenden Klasse, das politisch zunehmend diffusere soziale Engagement „für die Tiere“ zu kooptieren und es in Zustimmung für eine scheinbar ökologische und tierfreundliche Modernisierung des Kapitalismus zu kanalisieren.

Die Haltung der Linken zur Tierfrage gleicht einem Potpourri: Ein Flügel setzt die Anliegen der Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung mit Konsumkritik, Identitätspolitik und Moralismus gleicht und meint, sich von diesen resolut abgrenzen zu müssen. Der gegenüberliegende Flügel idealisiert hingegen eine kulturrevolutionäre Lebensweise und radikale Herrschaftskritik. Dazwischen gibt es viel Rat-, Orientierungs- und Hilflosigkeit. Insbesondere die beiden Extrempositionen gehen gezielt am politisch-ökonomischen Kernproblem der Ausbeutung der Arbeiter, der Tiere und der Natur in der kapitalistischen Produktionsweise durch denselben Akteur – das Kapital – vorbei. Außerdem werden die Einschätzungen auch den Differenzen zwischen Tierschutz-, Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung nicht gerecht.

Dabei ist die Sache abseits von Projektionen, gegenseitigen Vorurteilen, roter und linksliberaler Selbstvergewisserung gar nicht so kompliziert. Bereits Karl Marx hat in seinen Exzerptheften die frühkapitalistische Tierzucht und -mast als „Disgusting!“ (ekelhaft) bezeichnet und die Tierhaltung als „Zellengefängnißsystem“ verurteilt, während Engels „die idealistische Überhebung des Menschen über die andern Bestien“ seiner Zeitgenossen monierte. Im Kapital kritisiert Marx nicht nur Descartes’ Vorstellung des Tiers als Maschine. Vor allem zeigt er, dass Tiere im Kapitalismus zu Produktionsmitteln degradiert werden, obwohl das Tier „seinen eignen Kopf hat“.

Diese Erkenntnisse bilden den Ausgangspunkt für eine marxistische Tierbefreiungsposition auf Höhe der Zeit und die Grundlage für eine revolutionäre Realpolitik für die Befreiung der Arbeiter, Tiere und der Natur.Im Vortrag wird entwickelt, was der traditionelle Marxismus zur Befreiung der Tiere beizutragen hat, was Marxisten von Tierbefreiern lernen können und warum zwischen Tierschutz, Tierrechten und Tierbefreiung ein grundlegender Unterschied besteht. Am Modell des Tierschutzvolksbegehrens in Österreich und der Massentierhaltungsinitiative in der Schweiz wird schließlich gezeigt, was die theoretischen Einsichten für die Praxis bedeuten können.