1.7.2019

Warum wir eine Offensive gegen die Fleischindustrie brauchen

Die Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung befindet sich in einer entscheidenden und kritischen Phase. Wir sind einerseits konfrontiert mit einer Tier-Industrie, die ökonomisch und politisch so stark ist wie nie zuvor und ihre buchstäblichen Mordsprofite sogar noch steigert. Sie erweitert und „modernisiert“ ihr Sortiment und adaptiert gleichzeitig „grüne“ Slogans und Veggie-Produkte, während das Schlachten ungemindert weiterläuft bzw. noch zunimmt. Unserem Gegner steht andererseits eine Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung gegenüber, die organisatorisch zersplittert ist, keine gemeinsame Strategie formuliert und sich auf lose verbundene Kampagnen und viele Einzelprojekte verteilt. Wir reagieren allenfalls, setzen und besetzen aber kaum noch eigene Themenfelder. Von unserer Stärke, wie sie in den 1990er- oder Anfang der Nullerjahre bestand, als eine radikale Bewegung die Befreiung der Tiere als politisches Projekt angeschoben hat, ist nicht mehr viel zu spüren. Bewegungsinterne Debatten über Gegnerbestimmungen, strategische Orientierung und entsprechende organisatorische Konsequenzen finden bestenfalls informell statt. Entsprechend fehlt uns die Schlagkraft über einzelne und lokale Erfolge hinaus. Und das, obwohl es heute eine größere gesellschaftliche Offenheit nicht nur für Veganismus, sondern auch für die Kritik an der Fleischindustrie gibt, die wir uns mit einer linken, antikapitalistischen und kämpferischen Tierbefreiungsbewegung zunutze machen könnten. Vom Vegan-Hype und den breiten öffentlichen Debatten über „grüne“ Themen – Tierhaltung, Nachhaltigkeit, Treibhauseffekt etc. – haben wir als Bewegung darum auch kaum profitiert.

Wir, das Bündnis Marxismus und Tierbefreiung, meinen: Das muss sich dringend ändern! Wir wollen der Marginalisierung der Bewegung etwas entgegensetzen und aus der Defensive kommen. Dafür möchten wir mit dem vorliegenden Papier einen konkreten (Diskussions-)Vorschlag vorlegen. Wir plädieren für ein gemeinsames antikapitalistisches Bewegungsprojekt mit klassenkämpferischer, antiimperialistischer und sozialistischer Ausrichtung. Wir meinen, die Bewegung sollte den strategischen Fokus in Praxis und Theorie auf die Fleischindustrie als zentralen Akteur der Tierausbeutung legen. Auf dieser Grundlage sollten wir gemeinsam versuchen, uns thematisch und politisch neu zu organisieren. Wir sollten die Ein-Punkt-Politik aufgeben, auch wenn sie für die Entstehung der Tierbefreiungsbewegung historisch möglicherweise notwendig war. Den Fokus ausschließlich auf die Kritik der Ausbeutung und die Befreiung der Tiere zu legen, wird unserer Aufgabe nicht gerecht, die Ausbeutung und Unterdrückung der arbeitenden Klasse, der Natur und der Tiere durch das Kapital zu beenden. Ebenso wie andere antikapitalistische Bewegungen brauchen wir neue BündnispartnerInnen und Organisationsformen.
Auf den folgenden Seiten begründen wir unseren Vorschlag und stellen ihn zur Diskussion. Mit diesem Papier richten wir uns vorerst an Akteure der Tierbefreiungsbewegung in Deutschland, der Schweiz und Österreich, scheuen uns aber nicht, es auch außerhalb des deutschsprachigen Raums zu diskutieren.

1. Warum die Fleischindustrie ins Zentrum stellen? Das Herz der Bestie: das Fleischkapital

Der Hauptfeind der Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung ist die Fleischwirtschaft. Kein anderer Tierausbeuter ist politisch und ökonomisch mächtiger als das Fleischkapital. Damit sind die EigentümerInnen und ManagerInnen jener Unternehmen und Konzerne gemeint, die mit der kapitalistischen Ausbeutung und Unterdrückung der Tiere zwecks Produktion und Verkauf von Fleisch als Ware Geld verdienen. Sie geben den Angestellten den Auftrag, die Tiere zu töten. Sie kontrollieren und organisieren die Fleischproduktion, von der sie unmittelbar ökonomisch profitieren. In der gesamten Europäischen Union ist das Fleischkapital Deutschlands das größte und stärkste. Aber auch in der Schweiz und Österreich dominiert es die Tierausbeutung. Ökonomisch und politisch bildet das Fleischkapital heute das Gravitationszentrum der Ausbeutung und Unterdrückung der Tiere im Kapitalismus. Das hat verschiedene Gründe.

(1) Die Fleischindustrie macht die größten Gewinne mit der Ausbeutung der Tiere. Allein die zehn führenden Fleischhersteller in Deutschland kommen mit mehr als 21 Milliarden Euro auf knapp die Hälfte des Gesamtumsatzes der Branche (2017, afz/fleischwirtschaft). In der Schweiz teilen die großen Zwei – Bell (Coop) und Micarna (Migros) – mit knapp sechs Milliarden Schweizer Franken (CHF) etwas weniger als zwei Drittel aller Umsätze unter sich auf. Österreichs führendes Fleischunternehmen Tann, Teil der Spar-Gruppe, erwirtschaftete 2017 immerhin noch 700 Millionen Euro Umsatz (2017, Österreichische Fleischerzeitung), während die gesamte österreichische Branche im selben Jahr einen Umsatz von 4,4 Milliarden Euro erzielte (2017, Grüner Bericht).
Mit insgesamt 43,6 Milliarden Euro ist die deutsche Fleischwirtschaft auch der umsatzstärkste Zweig der gesamten Agrar- und Ernährungsindustrie. In Österreich bildet die Fleischproduktion ebenfalls das Rückgrat der landwirtschaftlichen Produktion (2017, Grüner Bericht). In der Schweiz liegen Fleisch- und Milchwirtschaft schätzungsweise in etwa gleichauf.

Im Angesicht dieser Einnahmen muten die Umsätze anderer Bereiche der Tierausbeutungsindustrie fast schon läppisch an, wie etwa die knapp 300 Millionen Euro Umsatz der 71 Zoos imdeutschsprachigen Raum, die im Verband der Zoologischen Gärten organisiert sind (VdZ). In Relation sind auch die sehr wohlwollend geschätzte eine Milliarde Euro Umsatz der deutschen Pelzindustrie (Deutsches Pelz Institut) oder die 40 Millionen CHF der Pelzfachgeschäfte und KürschnerInnen der Schweiz, die dem Verband SwissFur angehören, Peanuts.

(2) Verschiedene andere Sektoren der Tierausbeutungsindustrie sind zudem, wie das deutsche Beispiel zeigt, an die Fleischproduktion angeschlossen. Sie gewährleistet höhere Gewinnmargen oder in Einzelfällen sogar das ökonomische Überleben dieser Wirtschaftszweige. Deutlich mehr als ein Drittel der Häute, die zur Herstellung von Pelzen genutzt werden, stammen zum Beispiel von Tieren, denen zuvor in Schlachthäusern das Leben genommen worden ist (Deutsches Pelz Institut). Nach ihrer Produktionszeit von rund fünf Jahren endet das Leben der derzeit 4,2 Millionen Milchkühe ebenfalls zur Weiterverarbeitung im Schlachthof (2018, Stat. Bundesamt). Dasselbe gilt für die für die Milchwirtschaft nutzlosen männlichen Kälber der Milchkühe. Die von der Eierproduktion ausgelaugten rund 50 Millionen Legehennen landen nach 16 bis 17 Monaten ebenfalls im Schlachthaus.

(3) Das Fleischkapital ist aber nicht nur der größte Profiteur innerhalb der Tierindustrie. Es lässt auch die meisten Tiere einsperren, ausbeuten und letztlich töten. Legt man die offiziellen Statistiken zugrunde, sind in der Schweiz im Jahr 2018 76 Millionen (2018, Proviande) und in Österreich über 91 Millionen Tiere aller Arten getötet worden (2018, Statistik Austria). Das ist erwartungsgemäß weniger als in Deutschland, aber dennoch enorm. In der BRD werden für die Fleischproduktion über 746 Millionen Tiere ums Leben gebracht. Noch nicht inbegriffen in diesen schwindelerregenden Daten sind die „unproduktiven“ Tiere (männliche Küken etwa) oder die verschiedenen Fischarten und anderen Wasserlebewesen.

Zum Vergleich: In staatlichen Einrichtungen und Privatunternehmen werden in der BRD nach offiziellen Angaben an rund drei Millionen Tieren Versuche durchgeführt (2017, BMEL). In der Schweiz leiden und sterben in den Laboren 614.581 Tiere (2017, BLV), in Österreich 264.071 Tiere (2017, BM für Bildung, Wissenschaft, Forschung). Auch wenn wahrscheinlich in allen Staaten noch mehr Tiere der „Forschung“ und Tests zum Opfer fallen (ÄgT): die Dimensionen der Fleischindustrie erreichen sie nicht. Ähnliches gilt für die Milchproduktion. Milch wird in Deutschland ungefähr 4,2 Millionen Kühen abgepresst (2018, Stat. Bundesamt). In der Schweiz (2018, Bundesamt für Landwirtschaft) und in Österreich (2017, Statistik Austria) wird je eine halbe Million Milchkühe ihrer Säuglingsnahrung beraubt. Die mehr als 50 Millionen Legehennen im deutschen Eiersektor (2018, Stat. Bundesamt), die 6,7 Millionen im österreichischen (2017, BM für Nachhaltigkeit und Tourismus) und 2,8 Millionen im Schweizerischen (2018, Bundesamt für Landwirtschaft) reichen ebenfalls nicht an die astronomischen Zahlen der Fleischindustrie heran.

(4) Schließlich verfügt das Fleischkapital unter den Tierausbeuter- und -unterdrückerInnen auch politisch über die größte Macht in Zivilgesellschaft und Staat. Mit formellen und informellen Netzwerken aus Interessenverbänden, Branchenmedien, staatlichen Apparaten, wohlgesonnenen Parteien und Politikern gelingt es bis dato, die Fleischhegemonie in unserer Gesellschaft aufrechtzuerhalten. Der Warencharakter der Tiere und ihre Ausbeutung für die Fleischproduktion werden nicht hinterfragt, sondern gutgeheißen und als unveränderlich dargestellt. Sie werden mit Vorstellungen gesellschaftlicher Nützlichkeit, wie etwa Nahrung, Genuss, Wohlstand usw., Ideologien (wie dem Speziesismus), subjektiven und kollektiven Identitäten und entsprechenden kulturellen Lebensweisen verbunden. Dazu zählen unter anderem eine fleischbasierte Ernährungsweise und eine im Kern tierfeindliche Ethik.

Der Hauptfeind steht in Rheda-Wiedenbrück

Das Fleischkapital agiert und differenziert sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette: von der Futtermittelproduktion, der Züchtung besonderer Tierrassen, den Mastanlagen und den Transportunternehmen über die großen Schlachtbetriebe und fleischverarbeitenden Unternehmen bis hin zum Verkauf abgepackter Tierkadaverteile im Supermarkt und dem Export von billigen Fleischabfällen in Staaten der globalen Peripherie. Seine bevorzugten Opfer sind Schweine, Kühe und Hühner, aber auch Lämmer, Pferde, Rehe usw.

Die Fleischproduktion und -distribution ist stark konzentriert und zentralisiert. Oligopole kontrollieren den Großteil der Produktion und Märkte. In Österreich sind die Konzentrations- und Zentralisationsprozesse gerade voll im Gange. Insbesondere die großen Handelsunternehmen Spar (Tann), Rewe (u.a. Billa, Merkur, Penny) und Aldi Süd (Hofer) drängen mit den eigenen Fleischunternehmen nach oben. In der Schweiz produzieren hingegen allein Bell und Micarna zusammen über 50 Prozent der verschiedenen führenden Fleischsorten. Die Tönnies Gruppe, Vion Food Germany, Westfleisch und die PHW-Gruppe (u.a. Wiesenhof) bilden das Quartett, welches das Geschäft mit der industriellen Massentötung nichtmenschlicher Lebewesen in Deutschland beherrscht und am meisten davon profitiert. Alle vier kommen auf mindestens zwei Milliarden Euro Umsatz im Jahr. Branchenprimus und gleichzeitig EU-Europas größter Fleischproduzent ist die Tönnies-Gruppe mit Sitz im nordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück. Ihr Umsatz belief sich im Jahr 2018 auf fast sieben Milliarden Euro (2018, fleischwirtschaft).

Die führenden Fleischkonzerne sind in der Regel eine Verbindung aus Industrie- und Handelskapital. Das heißt, sie verdienen doppelt innerhalb der Wertschöpfungskette, indem sie nicht nur Fleisch produzieren lassen, sondern auch den Handel mit Fleischwaren betreiben. Der Schwerpunkt der einzelnen Unternehmen variiert. Häufig kontrollieren sie auch noch andere Firmen in der Produktions- und Vertriebskette, etwa in der Futtermittelherstellung oder der Tiermast. Die Unternehmen sind zudem in unterschiedlichen Sparten aktiv. Tönnies stellt zum Beispiel vorwiegend Schweinefleisch her, während PHW sich auf Geflügelfleisch konzentriert. In der Schweiz ist das Fleischduo hingegen gleich in allen Branchen tätig. Ähnlich ist es in Österreich. Ihre dominante Stellung gibt den jeweiligen nationalen Oligopolisten auch die Möglichkeit, Einfluss auf Preise zu nehmen und andere vor- und nachgelagerte Betriebe unter Druck zu setzen.

In Deutschland, der Schweiz und in Österreich (bis 2016, Agrar-Atlas-EU) können die Konzerne die bestehende Nachfrage nach Fleisch, die sie durch Werbung teils mit hervorrufen, derzeit abdecken. Daher richten sich die großen Fleischproduzenten insbesondere aus Deutschland, aber auch aus Österreich – Schweizer Fleischwaren sind aufgrund der relativ hohen Arbeitskosten international weniger konkurrenzfähig – seit Jahren darauf aus, ihre Gewinne durch Exporte von Fleischwaren und anderweitige Internationalisierung ihrer Wertschöpfung auszuweiten. Tier- und Fleischwaren sind dementsprechend seit vielen Jahren die wirtschaftlich bedeutendsten Exportprodukte der deutschen Agrar- und Ernährungsindustrie (Agrarpolitischer Bericht 2015). In Österreich rangieren sie gleich hinter den nicht-alkoholischen Getränken (Red Bull) auf Platz zwei (2017, topagrar Ö).

Prisma kapitalistischer Entwicklung

Die Ausbeutung und Unterdrückung der Tiere durch das Fleischkapital ist kein isolierter Prozess, die Beziehung des Kapitals zu den Tieren ist nicht von anderen Verhältnissen in der kapitalistischen Produktionsweise zu trennen. Vielmehr bildet die Fleischindustrie das Prisma, durch welches sich die kapitalistische Entwicklung in ihrer Gesamtheit erkennen lässt.
Die kapitalistische Ausbeutung der Tiere ist undenkbar ohne die der ArbeiterInnen. Die Zuspitzung des Klassenwiderspruchs in der Fleischindustrie sucht seinesgleichen. In der gesamten Branche arbeiten in der BRD mehr als 160.000 Menschen sozialversicherungspflichtig (2017, Anfrage B-tag). In den Schweizer Unternehmen schuften derweil offiziell 24.000 Menschen (Schweizer Fleisch-Fachverband), in österreichischen 18.153 (2016, Grüner Bericht). Die Werks- und LeiharbeiterInnen sind in diesen Zahlen nicht berücksichtigt. Sie machen aber insbesondere bei den führenden Fleischunternehmen den Großteil der Beschäftigten aus. Überwiegend handelt es sich um KollegInnen mit Migrationshintergrund, darunter viele Frauen, die um einen Kern festangestellter, meist deutscher FacharbeiterInnen herum tätig sind und einfache Arbeiten z.B. am Fließband verrichten. Sie arbeiten und leben in äußerst prekären Verhältnissen und haben ohne Arbeitsplatz häufig keine Aufenthaltsgenehmigung. ArbeiterInnenrechte werden missachtet, der gewerkschaftliche Organisationsgrad ist ebenso gering wie der Lohn. Das Verletzungsrisiko ist hoch, die körperliche und psychische Belastung ebenfalls.

Die Fleischproduktion ist ferner mitverantwortlich für die kapitalistische Naturzerstörung. Neben der industriellen Tötung von Tieren trägt sie zum Beispiel massiv zum vom Kapital verursachten („kapitalogenen“) Klimawandel bei. Konservative Schätzungen bemessen den Beitrag der Tierhaltung auf 18 Prozent aller relevanten Treibhausgase (2006, FAO). Der Wasserverbrauch für die Herstellung von Futtermitteln absorbiert riesige Mengen Süßwasser. Gleichzeitig wird das Trinkwasser durch den hohen Düngeeinsatz und massenhaft verabreichte Antibiotika mit Nitraten, Phosphor und anderen Stoffen verseucht. Die Medikamente, u.a. Antibiotika, welche Tieren freizügig und umfangreich verabreicht werden, rufen bei Menschen Resistenzen hervor und gefährden so deren Gesundheit. Schließlich sind die Tierfabriken ein nicht versiegender Quell von Gestank und Lärm für AnwohnerInnen.

International verschärfen Herstellung und Vertrieb von Fleisch die Ausbeutungs- und Unterdrückungsbeziehungen. Billige Fleischexporte aus den imperialistischen Metropolen in die peripheren Staaten zerstören die Nahrungsmittelproduktion, unterminieren die Nahrungsmittelsouveränität und machen KollegInnen im globalen Süden arbeitslos, weil lokale Produktionsstrukturen zerstört werden. Zudem werden insbesondere die fruchtbarsten Landflächen monopolisiert oder neu inwertgesetzt, um Futtermittel in Monokulturen für die Tierproduktion statt Nahrungsmittel für den Eigenbedarf der Lokalbevölkerung anzubauen. 70 Prozent aller agrarischen Nutzflächen werden heute in irgendeiner Weise für die Tierfütterung genutzt. Dafür werden auch Regenwälder und andere seltene Lebensräume vernichtet und Menschen von ihrem Land vertrieben. Die Verdammten dieser Erde werden auch dadurch genötigt, ihren elenden Arbeits- und Lebensverhältnissen in Richtung Metropolen zu entfliehen, wo sie ihre Haut dann für Billigjobs zu Markte tragen müssen.

Die Ausbeutung und Unterdrückung der Tiere in der Fleischindustrie gründet also in Produktions- und Verteilungsverhältnissen, in denen das imperialistische Kapital auch die Klasse der LohnarbeiterInnen in den Zentren und verstärkt in der Peripherie ausbeutet und die Natur zerstört.

2. Strategische Koordinaten und Bewegungspolitik

Aus all dem, so meinen wir, ergeben sich grundlegende Koordinaten für ein strategisches und bewegungspolitisches Vorgehen der Tierbefreiungsbewegung und ihrer potentiellen BündnispartnerInnen. Wenn wir den Todesprofiteuren wirklich das Handwerk legen wollen, müssen wir beim Fleischkapital ansetzen. Wollen wir die Tierausbeutung abschaffen, die Plünderung der Natur stoppen und die Ausbeutung der Arbeitskraft beenden, dann ist dies der Gegner, gegen den wir unsere Kräfte bündeln sollten. Dass er mächtig ist, heißt nicht, dass wir ihn nicht treffen können. Und, positiv gewendet: Wer dem Fleischkapital schadet, kann zugleich andere Fraktionen der Tierausbeutungsindustrie treffen – oder sie zumindest massiv unter Druck setzen.

Das hieße jedoch, dass wir als Bewegung überhaupt eine Strategie dazu formulieren. Das ist gegenwärtig nur in Ausnahmen bzw. ansatzweise der Fall. Die Tierbefreiungsbewegung hat durch zurückliegende Kampagnen zwar einige Erfahrungen gesammelt, aber noch keine wirklich große Tradition, was Strategiedebatten angeht. Wir möchten diese Debatte anstoßen, wobei für uns klar ist, dass diese ersten Überlegungen noch weiter diskutiert werden müssen. Bislang orientieren weite Teile der Bewegung – implizit oder explizit – eher auf den Kampf gegen speziesistische Ideologie und den entsprechenden Wandel im Denken und im Konsum (Stichwort: „go vegan“) der Bevölkerung. Aber wenn es stimmt, dass das Fleischkapital das Zentrum gegenwärtiger kapitalistischer Tierausbeutung ist – dann setzt das eine Reihe von strategischen Koordinaten, an denen wir uns orientieren müssen:

  1. Grundsätzlich: Es kann dann nicht mehr nur um einen antispeziesistischen Bewusstseins- und Kulturwandel „der“ Menschen oder „der“ Gesellschaft gehen – sondern wir müssen einen gesellschaftlichen (Klassen-)Kampf gegen das Tierkapital organisieren, das für die Ermordung der Tiere, die Zerstörung der Natur und Ausbeutung der SchlachthofarbeiterInnen verantwortlich zeichnet. Tiermord, miese Jobs und Naturzerstörung kommen nicht einfach aus „der“ Gesellschaft, sondern haben konkrete ökonomische Profiteure, die für ihre Organisation und Aufrechterhaltung verantwortlich sind. Nicht bloß Aufklärung über deren Handeln und die allgemeine Bekämpfung von speziesistischer Ideologie und Kultur, sondern auch und vor allem Organisation für einen Kampf gegen die TierkapitalistInnen muss darum das Ziel sein.
  2. Wenn das Fleischkapital das Zentrum der Tierausbeutungsindustrie ist und man sie hier am effektivsten treffen kann, sollten wir uns nicht auf diverse Kampagnen und Aktionsfelder verteilen, sondern die Kräfte bündeln und uns auf den Hauptgegner fokussieren. Zugespitzt: Wenn unser Gegner hochgradig vernetzt bzw. organisiert ist und arbeitet, sollten wir uns ebenso organisieren, um ihn effektiv treffen können. Das heißt nicht, die Arbeit gegen Versuchslabore oder den Pelzhandel links liegen zu lassen. Aber ein unkoordiniertes Vorgehen oder strategieloser Aktionismus führen nicht zum Erfolg.
  3. Es gibt nicht nur „das“ Fleischkapital, sondern man kann die FleischkapitalistInnen konkret benennen: Es sind in Deutschland vor allem die oben genannten vier Unternehmen – Tönnies, Vion Food Germany, Westfleisch und die PHW-Gruppe –, die den Markt beherrschen. In der Schweiz wiederum heißen sie Bell und Micarna. In Österreich wäre Tann/Spar zu nennen. Sie sollten ins Zentrum einer Strategie der Bewegung gestellt werden.
  4. Relevant sind dabei alle Machtmittel, die helfen, die FleischkapitalistInnen zu schädigen. Das ist im Kern ökonomische Macht durch die Störung der Kapitalverwertung, sprich der Zufuhr von Tieren und anderem „Material“ der Kapitalverwertung, durch die Störung der Produktion oder Ausfuhr des Fleisches. Aber auch politische Forderungen wie das Streichen von Subventionen oder das öffentliche Image der Konzerne sind Punkte, an denen man sie empfindlich treffen kann. Entscheidend ist, dass wir diese Machtmittel konkret ausrichten, und zwar auf die Fleischkonzerne.
  5. Die Gegnerschaft zum Fleischkapital ist die politische Grundlage, auf der wir eine Zusammenarbeit mit anderen Kräften – Betriebsaktiven, Öko- AktivistInnen, der Klima-Bewegung, antikapitalistischen und sozialen Bewegungen – eingehen können. Denn beim Fleischkapital laufen die nationale und internationale Unterdrückung und Ausbeutung von Menschen, Natur und Tieren praktisch zusammen. Es sollten sich darum alle zusammenschließen, die unter dem Agieren der FleischkapitalistInnen zu leiden haben und die sich gegen es auflehnen.
  6. Aus dieser gemeinsamen Gegnerschaft ergibt sich notwendig, mit den ArbeiterInnen in der Fleischindustrie, ökologisch motivierten und anderen Bewegungen gegen die Fleischindustrie grundsätzlich solidarisch zu sein und auf ein gemeinsames Projekt zu orientieren. Das heißt, dass wir gewerkschaftliche oder Auseinandersetzungen um andere Probleme der Fleischproduktion unterstützen und sie mit unserer Perspektive verbinden müssen. Das Ziel ist das Ende der Fleischkonzerne und die betriebliche Umstellung und Konversion hin zu einer pflanzlichen und ökologisch verträglichen Lebensmittelproduktion, bei Sicherung der Arbeitsplätze und bezahlter Umschulung der KollegInnen.

Um das konkret zu machen, schlagen wir vor, aus der Bewegung heraus eine „Offensive gegen die Fleischindustrie“ (OGFI) zu organisieren, die sich auf das Fleischkapital konzentriert und die verschiedenen Konfliktfelder (Tierausbeutung, Klassenkampf, Ökologie, internationale Solidarität) wieder stärker politisiert. Neben den o.g. analytischen und strategischen Gründen sprechen dafür auch mehrere bewegungspolitische Argumente:

  1. Wir könnten ein kollektives politisches Projekt schaffen, mit dem wir (wieder und stärker) als politische Bewegung wahrgenommen werden würden. Dass es immer Arbeit im lokalen Kontext braucht, die nicht ersetzt werden kann und soll, liegt auf der Hand. Im Rahmen einer gemeinsamen Offensive gegen die Fleischindustrie im deutschsprachigen Raum würden wir uns jedoch nicht länger auf verschiedene Aktions- und Politikfelder verteilen, sondern könnten – entsprechend der jeweiligen Kapazitäten – die Kräfte bündeln und gemeinsam als Bewegung wahrnehmbar agieren. Wir würden ein gesellschaftlicher Anlaufpunkt für Protest sein, und könnten damit auch in der Öffentlichkeit klarmachen, dass das Tierkapital einen zentralen Gegner hat – nämlich uns.
  2. Wir könnten unsere politische Schlagkraft vervielfachen. Die Kräfte zu bündeln, das liegt auf der Hand, heißt immer auch, stärker zu werden. Wir könnten Ressourcen, Know-How und Kommunikation bündeln und unseren Gegner effizienter und besser koordiniert treffen. Was wäre zum Beispiel, wenn man den nächsten „Fleisch-Skandal“, der durch die Presse geht, mit Pressemitteilungen, Flugblättern und Protesten vor Firmensitzen in verschiedenen Städten und unter einem gemeinsamen Slogan flankieren würde? Mit einem entsprechend koordinierten Vorgehen und einer cleveren Öffentlichkeitsarbeit ließe sich hier viel erreichen. Bislang überlassen wir all das de facto den Tierschutz- und bürgerlichen „grünen“ NGO’s. Eine Offensive, wie wir sie vorschlagen, muss dabei auch nicht zwingend mehr Arbeit für alle Beteiligten bedeuten. Es kann vielmehr umgekehrt heißen, die Kapazitäten besser aufeinander abzustimmen – durch verbesserten Austausch, gemeinsame Recherche, die Erstellung einheitlicher Materialien, Vernetzung etc.
  3. Wir könnten ein konkretes Organisationsangebot schaffen, mit dem wir dem Auseinanderfallen der Bewegung entgegenwirken und ein Anlaufpunkt für Gruppen und AktivistInnen werden können. Die Erfahrungen der „Offensive gegen die Pelzindustrie“ (OGPI) zeigen nicht zuletzt, dass ein Organisationsangebot, an dem sich Gruppen und unorganisierte Aktive leicht beteiligen können, ein enormes Potential hat – etwa durch kampagnenförmige Aktionstage, gemeinsames Infomaterial oder aufeinander abgestimmte Protestformen, die alte wie neue AktivistInnen einfach übernehmen können. Warum nicht gegen die Fleischindustrie richten, was bei der Arbeit gegen den Pelzhandel gut funktioniert hat? Eine Kampagne mag zwar im Kern von einer Koordinationsgruppe o.ä. organisiert sein. Mit der Zeit kann sie jedoch ein Netzwerk von unterstützenden Gruppen und Aktiven aufbauen, die MultiplikatorInnen sind und sich regelmäßig an der praktischen Arbeit beteiligen. Wenn man das gut organisiert, kann so eine Kampagne also zum Sammelpunkt einer tatsächlichen Offensive werden.
  4. Darüber hinaus könnten wir ein Organisationsangebot für jene schaffen, die bislang nicht aktiv geworden sind und sich organisieren wollen. Wir meinen, das Potential derer, die – aus verschiedenen Motiven – bereit sind, gegen die Fleischindustrie auf die Straße zu gehen, ist weitaus größer als das, was wir als Bewegung gerade aktivieren. In der gesellschaftlichen Debatte über Fleisch und die Fleischindustrie, Tiere und „grünen“ Konsum drückt sich auch aus, dass es hier einigen Unmut, Handlungsbereitschaft und eine Offenheit zum Umdenken gibt. Das sieht man zum Beispiel an den Reaktionen auf den „Fleischatlas“ der Heinrich-Böll-Stiftung oder an Massenprotesten wie „Wir haben es satt!“, bei denen auch die Frage der Fleischproduktion aufgeworfen wird. Aber warum überlassen wir dieses Potential reformistischen Kräften und dem Tierschutz, statt zu versuchen, die Menschen für eine linke und radikale Tierbefreiungsbewegung zu gewinnen? Wenn wir niedrigschwellig an den gängigen Argumenten für „grünen“ und nachhaltigen Konsum des Mainstreams ansetzen und diese antikapitalistisch wenden würden, könnten wir jene erreichen, die jetzt woanders aktiv werden und die eben „was tun wollen“ – für die wir aber offenbar bisher kein Anlaufpunkt sind.
  5. Wir könnten den Veganismus (wieder) zum Teil einer gegenkulturellen Lebensweise machen. Kultur, Konsumverhalten und Fragen der Lebensweise sind wichtig und ein Thema, das derzeit viele bewegt. Die Fleischindustrie ist allerdings längst dabei, ihr Sortiment mit veganen und Veggie-Produkten zu erweitern und ein Integrationsangebot noch für das letzte Bisschen kritischen Potentials zu schaffen, das die Entscheidung für die vegane Lebensweise bergen mag. Neoliberale Lifestyle-Veganer wie Attila Hildmann, Jan Bredack (Veganz) oder Roger Lienhard (Blue Horizon) tun ihr Übriges, um den Veganismus endgültig zu entpolitisieren und in marktkonforme Bahnen zu lenken. Die Konsequenzen sind bekannt: Im Mainstream hat Veganismus schon lange keinen politischen oder progressiven Charakter mehr, sondern wird hauptsächlich mit Smoothie-Bars, Burgerläden und Food Blogs für gesundheitsfanatische Yuppies und Hipster assoziiert. Warum lassen wir denen das durchgehen? Auch diese vergleichsweise „kulturellen“ Fragen müssten zentraler Bestandteil einer OGFI sein. Sie sollte sich darum bemühen, den Veganismus wieder als Teil einer gegenkulturellen und revolutionären Haltung zu besetzen, die nicht nur für Konsum und Greenwashing steht, sondern für Ökologie, Tierbefreiung und eine grundsätzlich antikapitalistische, solidarische Haltung gegenüber Tieren, der Natur und ArbeiterInnen. So könnte man die Fleischunternehmen auch an einer Stelle treffen, an der sie überaus verwundbar sind, nämlich an ihrer Darstellung in der Öffentlichkeit und ihrem Image.
  6. Wir könnten so eine Grundlage dafür schaffen, auf der wir uns (weiter) mit anderen sozialen Bewegungen und auch Gewerkschaften vernetzen. Die obigen Ausführungen machen klar: Die Fleischindustrie ist nicht nur unser Gegner, sondern auch der der Öko- oder der ArbeiterInnenbewegung. Wenn die Parole „Human Freedom, Animal Rights – One Struggle, One Fight“ ernst gemeint sein soll, ist es zum Beispiel längst überfällig, dass wir auch die Situation der ArbeiterInnen in der Fleischindustrie einbeziehen. Die ist schließlich nicht nur bekanntermaßen schlecht, sondern auch Gegenstand medialer Berichterstattung und gewerkschaftlicher Organisierungsversuche. Das hieße für eine OGFI, dass wir nicht nur die Ausbeutung und Ermordung der Tiere, sondern auch die Ausbeutung der ArbeiterInnenklasse thematisieren sollten. Hier lägen Möglichkeiten für Bündnisse oder Kooperationen mit Teilen der Gewerkschaftsbewegung, oder zumindest mit jenen Betriebsaktiven, die für so eine Kooperation aufgeschlossen wären. Auch die Situation migrantischer ArbeiterInnen, die ja bevorzugt von der Fleischindustrie angestellt werden, sollte dabei eine besondere Rolle spielen. Mit Blick auf den massiven CO2-Ausstoß der Industrie und die Zerstörung von (Regen-)Wäldern für den Anbau von Futtermitteln bestehen nach wie vor Möglichkeiten, sich weiter mit der Klima- und Umweltbewegung zu verbinden, was ja teilweise auch schon geschehen ist. Weil die Exporte der hiesigen Fleischindustrie auch Ökonomien anderer Länder zerstören, könnte man sich hier entlang der imperialistischen Ausbeutungs- und Herrschaftsbeziehungen auch mit Teilen der internationalistischen Bewegung zusammentun.

3. Wie angreifen? Vorschläge für Eckpfeiler einer Offensive gegen die Fleischindustrie

Wie lassen sich diese Überlegungen in konkrete Arbeit übersetzen? Das Initiieren eines Projekts, wie wir es uns vorstellen, müsste ein kollektiver Prozess und Gegenstand einer gemeinsamen Konzeption sein. Wir schlagen einige Eckpfeiler vor, die wir dabei für zentral halten, und welche die Arbeit auf mehreren Ebenen umreißen. Wir nennen hier nur die aus unserer Sicht zentralen Elemente – Konkreteres zu den einzelnen Punkten wollen wir an anderer Stelle diskutieren.

Am Beginn müssten sicherlich das Erarbeiten inhaltlicher Grundlagen, konkreter Ziele und die generelle Positionsbildung stehen.Die Basis der gemeinsamen Arbeit müsste (1) die Verständigung über eine gemeinsame inhaltlich-politische Grundlage der Arbeit sein. Nicht minder wichtig wäre jedoch (2) die Positionsbildung zu aktuellen Fragen in Bezug auf die Fleischindustrie: Wie zum Beispiel umgehen mit dem Einstieg der Fleischkonzerne in die Produktion von „In-Vitro-Fleisch“ oder ihre Investitionen in vegane Start-ups? Darüber hinaus müsste man (3) gemeinsame Ziele und Forderungen definieren.

Davon ausgehend bräuchte es Recherchearbeit zu Strukturen und Akteuren der Fleischindustrie. Wer sind die konkreten Macher und Profiteure der Industrie? Wie ist ihre Arbeit strukturiert, wie sehen ihre ideologischen Vorfeldorganisationen aus? Zur Vorbereitung von Aktionen und Hintergrundmaterialien bedarf es natürlich auch einer umfassenden Recherche, wo sie noch nicht erfolgt ist. Es solltedabei aber nicht nur um die Fleischkonzerne selber gehen, sondern ebenso um ihre Verbindungen zu NGOs, Medien und Vereinen.

Auf Grundlage dessen sollten Analysen geschrieben und Infomaterial erstellt und publiziert werden. Für eine solche Öffentlichkeitsarbeit bräuchte es eine Homepage sowie die entsprechende Präsenz in sozialen Medien, regelmäßige Pressemitteilungen und insgesamt eine kontinuierliche Pressearbeit.

Dass darüber hinaus Aktionen und Proteste ein zentraler Bestandteil der Arbeit sein müssen, ist klar. Die Fleischindustrie ist als solche sicherlich nicht so leicht angreifbar wie etwa der Pelzhandel oder Zirkusse. Und unsere Ressourcen sind begrenzt. Dennoch gibt es mehrere Ebenen, auf denen wir das Fleischkapital mit verschiedenen Aktionsformen treffen können – sie reichen von den klassischen Protestformen über das Nutzen parlamentarischer Wege (z.B. Subventionspolitik) oder Aktionen in „Sozialen Medien“.

Auch Vernetzungsarbeit und die Suche nach neuen Bündnispartnern wäre bedeutsam für die (Weiter-)Entwicklung einer gemeinsamen politischen Agenda. Wir vermuten, dass es auch in Teilen der marxistischen Linken oder der Klima- und Öko-Bewegung eine – vielleicht geringe, aber vorhandene – Bereitschaft gäbe, sich an Aktionen gegen die Fleischindustrie zu beteiligen. Dafür braucht es aber die entsprechende Vernetzung und Aufnahme von Kontakten.

Zu guter Letzt sollten wir im Rahmen unserer Möglichkeiten auch dazu beitragen, eine neue und „vegane“ Gegenkultur zu entwickeln. Wir sollten zum Beispiel der neoliberalen Vereinnahmung der veganen Lebensweise etwas entgegensetzen und sie wieder als alltägliche und grundlegend solidarische Haltung politisieren, die sich aber nicht auf individualisierte Konsumkritik beschränkt.

Die Kräfte bündeln und eine Strategie entwickeln!

Die Ausführungen in diesem Papier können und sollen kein fertiges Programm sein. Sie können auch keine Diskussion ersetzen. Das vorliegende Papier ist ein konkreter Aufschlag zur Debatte innerhalb der Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung und darüber hinaus. Es soll eine dringend nötige Diskussion anstoßen, zur Verständigung über die Zukunft unserer Bewegung beitragen und Möglichkeiten aufzeigen, neue BündnispartnerInnen für eine gemeinsame Offensive gegen die Fleischindustrie zu gewinnen.

Denn klar ist auch: Wenn die Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung aus der Defensive kommen und ihren politischen Zerfall stoppen will, dann ist eine grundlegende politische Neuausrichtung unausweichlich. Es ist an der Zeit, dass wir unsere Politik auf die heutige Situation ausrichten und eine Diskussion darüber führen, wie wir uns inhaltlich und strategisch orientieren und aufstellen wollen. Wir müssen uns als Bewegung neu formieren, die Kräfte bündeln und eine gemeinsame Strategie entwickeln. Die gesellschaftlichen Bedingungen dafür sind nicht nur schlecht – wir müssen aber auch die Grundlage dafür schaffen, sie zu nutzen!

Die Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung, so meinen wir, ist eine historisch junge Bewegung, die bereits über eine Menge Erfahrung verfügt. Nun kommt es darauf an, diese auszuwerten und zu nutzen, um als Bewegung inhaltlich wie auch organisatorisch den nächsten Schritt zu gehen: zu einer kollektiven Kraft zu werden, die das Tierkapital offensiv mit dem Ziel bekämpft, die bürgerlichen Eigentums- und Herrschaftsverhältnisse aufzulösen. Dazu soll das vorliegende Diskussionspapier beitragen – und in diesem Sinne hoffen wir auf eine breite und solidarische, aber unbedingt auch kritische Diskussion in der Bewegung.

Juli 2019,
Bündnis Marxismus und Tierbefreiung