Gute Behandlung der Pferde (1918), von Wladimir Majakowski

Hufe hieben
die alte Weise:
»Gripp,
grub,
grob,
Grab.«

Winde rieben,
beschuht vom Eise,
die schlüpfrige, steile
Straße ab.
Da kracht auf die Kruppe
einer der Gäule.

Am Kusnezki-Most
staun sich schon gaffende Mäuler.
Die Hosen schlappern ihr Glockenmaul,
Gelächter klimpern
von Langeweile:
»Ein Gaul ist gestürzt!«
»Gestürzt ist ein Gaul!«

Der Kusnezki lachte.
Nur ich allein
trat hin
und tat keinen Ton ins Geheule.
Ich schaute
in die Augen des Gauls hinein…
Und kopfstand, umstürzend, die Straßenzeile…

Trat hin, sah:
Träne um Träne träuft,
rinnt über die Backen,
versiegt in der Mähne…
Und tierische Schwermut,
die überläuft,
brach strömend aus mir
in verrauschender Strähne.

»Mein Pferd, nicht weinen,
Ich kenne die Beschwerde –
Wer sagt Ihnen denn, Sie sei’n weniger wert?
Kindchen,
wir alle sind ein wenig Pferde,
jeder von uns ist auf seine Art Pferd.«

Vielleicht, weil es
– bejahrt –
keine Amme mehr brauchte,
vielleicht fand es meine Zumutung
würdelos, –
kurz,
das Pferd
gab sich einen Ruck,
trat aufs Bein, aufs verstauchte,
wieherte laut
und ging los.

Es schwenkte den Schweif.
Ein Kind, ein rothaariges –
heiter gings heim
in den Stall, wo es wohnte.
Ihm war nun, es wär noch
ein Fohlen, ein fahriges –
und es lohnte zu leben,
und zu arbeiten lohnte.

Majakowski Werke 1.1, 57–58

Einleitendes zum Dichter Wladimir Majakowski und den Mensch-Tier-Elementen seiner kulturrevolutionären Poesie in: “Hammel & Sittich”, Ausgabe 4, Dezember 2023